Motorradartikel (2003)

Februar 26th, 2003

Motorradfahren war ein sehr wichtiger Teil in meinem Leben. Ich bin verschiedene Motorräder gefahren:

Chopper, eine Yamaha SR 500 und dann eine Ducati Monster. Die letztere durfte ich mein eigen nennen, die Kleine liebte ich ohne Ende.  In meinenAugen hatte sie viel gemeinsam mit meiner eigenen Persönlichkeit. Vor allem machte ihre Bulligkeit, ihre geringe Größe, ihre Zickigkeit und noch vieles mehr haben eine Parallele zwischen uns ausgemacht, so habe ich es zumindest gesehen. Wenn man mit ihr umzugehen wusste, war sie ein jedoch tolles Motorrad.

Mit ihr bin ich fast jeden Tag im Bergischen Land auf der Landstrasse unterwegs gewesen, Sommer wie Winter. Die herrlichen Kurven in der Natur, der Wind im Gesicht und auf der Haut, der wunderbare Sound und der Ölgeruch: einfach alles brannte sich mir unauslöschlich in meine Erinnerung.

Am 11. August 2000 nahm mein Leben eine dramatische Wende. Ich fiel plötzlich um, ohne Motorrad, einfach so. Ich hatte danach einen Stammhirninfarkt mit nachfolgendem Locked-In-Syndrom, das heisst, ich konnte nach einer langen Beatmungszeit nur noch meine Augen bewegen, der gesamte übrige Körper war vollkommen gelähmt.

In der Rehabilitationsklinik hing zwar ein Photo von meiner Liebsten, aber Mir war damals schon klar, dass mein Wechsel vom zweirädrigen Motorrad zum vierrädrigen Rollstuhl wahrscheinlich entgültig sein würde. Das dachte ich zumindest. Aber es sollte alles ganz anders kommen, wie so häufig im Leben.

Ein guter Freund schenkte mir zum Geburtstag im Februar diesen Jahres einen Gutschein für eine Tour in einem Gespann. Er wusste, dass ich nur eine Sache seit meinem Unfall wirklich vermisst hatte: Das Motorradfahren.

An einem Sonntag im Juni 2003 war dann der große Tag für mich. Ein blechener Klang kündigte meine Ausfahrt an. Vor der Tür stand ein MZ-Gespann im gehobenen Alter, natürlich samt Fahrer.

Mit meinem Personenlifter wurde ich in die Emme „Emmi“ gesetzt. Meine Rumpfmuskulatur ist immer noch nicht ausgeprägt, deswegen wurde ich im Boot angeschnallt. Endlich spürte ich wieder das, was ich so lange Zeit vermisst hatte.

Ich spürte den Wind, ich hörte hautnah die Geräusche eines Motors, ja, ich konnte die Straße regelrecht mit all meinen Sinnen fühlen. Ich war endlich wieder unterwegs, ich war frei, ich war plötzlich wieder ich. Endlich! Ich vergaß den Schrecken der vergangenen Jahre.
Leider viel zu schnell ging die Fahrt zu Ende. Irgendwie muss Christoph Muelders, so hieß dieser überaus nette Fahrer, meine innerliche Veränderung gespürt haben. Einfach so schenkte er mir das Gespann. Auf diesem Wege noch einmal DANKE! Plötzlich hatte ich wieder ein Motorrad, eines mit drei Rädern, davon hätte ich nicht einmal zu träumen gewagt.
Irgendwie glaube ich heute immer noch, dass ich irgendwann aufwache und der schöne Traum vorbei ist. Hoffentlich dauert er noch lange an. Im Moment bin ich auf der Suche nach einer Garage für „Emmi“; außerdem brauche ich noch nette Gespannfahrer, die ab und zu mal mein dreirädriges Motorrad mit mir im Boot ausfahren und sich auch ansonsten um „Emmi“ kümmern, damit sie beruhigt das Rentenalter erreichen kann.

Habt ihr Lust auf eine gemeinsame Ausfahrt?

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